Ich habe heute die Ehre einen Gastbeitrag einer sehr lieben Freundin zu veröffentlichten die so mutig und voller Liebe den Weg zu ihrem ersten Kind beschreibt – ohne Partner. Lasst euch auf einen anderen Weg und seine Tücken ein und behaltet dabei im Kopf: was zählt ist, dass das Kind geliebt wird.
Ich bin 33 Jahre alt und komme aus einer Kleinstadt in Baden-Württemberg. Für mich haben Kinder schon immer zu meinem Lebensentwurf gehört. Die, damals noch verrückte Idee, es halt alleine in Angriff zu nehmen, spuckte schon einige Jahre in meinem Kopf herum. Gefestigt hatte sich der Wunsch nach einem Baby, dann 2014. Ich wollte keine Beziehung, da ich keinem Mann gerecht werden könnte, denn der Wunsch nach einem Baby stand einfach zu sehr im Vordergrund und ich wollte nicht mehr länger warten.
Wie alles begann
Ich habe angefangen mich mehr mit dem Thema Single Mama zu beschäftigen, habe viel im Internet und Büchern gelesen und mich dann entschieden mich alleine auf den Weg zu machen.
Die ersten Gedanken waren welchen Weg ich wähle. Es gibt so viele Varianten angefangen vom anonymen bis zum offenen Samenspender. Wähle ich eine Samenbank? Lasse ich mir das Sperma aus Dänemark nach Hause liefern oder in eine Klinik/zu einem Arzt? Will ich eine privaten Spender?
Die (Teil-) offene Samenspende
Nach reiflicher Überlegung hatte ich mich für die (teil)offene private Samenspende entschieden. Zum einen hoffe ich, dass das Kind seinen leiblichen Vater kennenlernen kann, wann es dies möchte (und nicht wie bei Samenbanken erst mit 16 Jahren) und auch wenn ich mit dem Mann keine Partnerschaft eingehe, war mir die Sympathie einfach total wichtig.
Was mir großes Kopfzerbrechen bereitet hat, wie man einen passenden Spender auswählt. Es gibt leider sehr viele komischen Männer, die oft nur auf Sex aus sind, merkwürdige Vorstellungen haben oder aufdringlich werden. Ich habe mir Zeit gelassen und vertraute auf mein Bauchgefühl und traf mich nur an öffentlichen Plätzen mit den Männern. Ich habe viele Männer kennengelernt und viele Versuche mit ihnen gestartet, viele Male gewechselt, weil ich merkte es passt doch nicht richtig oder es klappte einfach nicht.
Ich war sogar in München in einer Kinderwunschklinik, die auch Singlefrauen behandeln, aber habe das nach zwei Versuchen wieder aufgegeben. Es leider auch ein recht hoher finanzieller Aufwand und ich wollte mich nicht verschulden, auch hatte ich kein gutes Gefühl mit Spendersamen von einer Samenbank. Ich hatte auch Sex mit einigen Spenden, aber auch das fühlte sich irgendwann nicht mehr richtig an und ich entscheid mich außschließlich für die Bechermethode.
Leicht ist anders
Das klingt jetzt alles so leicht, war aber unglaublich hart, denn der Weg war lang und steinig. Ich war zwischendurch verzweifelt und der Kinderwunsch hat teilweise mein ganzes Denken und Handeln beherscht. Den ersten Versuch schwanger zu werden hatte ich im Mai 2015. Zu Beginn war ich noch total optimistisch, dass es schnell klappen würde, doch es dauerte und dauerte. Meine Schilddrüse wurde getestet und richtig eingestellt. Ich hatte einige Male ein Zyklusmonitoring beim Frauenarzt um heraus zufinden wann mein Eisprung sein würde. Das hatte mich aber so unter Druck gesetzt, dass ich das bleiben ließ. Ich hatte zu Beginn meines Kinderwunsches NFP (natürliche Familienplanung) begonnen und konnte damit sehr gut meinen Zeitraum des Eisprungs eingrenzen. Zusätzlich benutze ich dann einige Monate Ovulationstest, aber eher zum Spaß.
Halt durch die Familie
Meine Schwester war zu dieser Zeit meine engste Vertraute und auch die Erste, die ich eingeweiht hatte und mit der ich über alles reden konnte. Sie ist alleinerziehend mit zwei tollen Kindern. Lange Zeit habe ich im realen Leben mit niemand anderem reden können und wollen. Im Internet konnte ich offener damit umgehen. Zum einen bin ich Mitglied im Forum für Singlefrauen mit Kinderwunsch (SFMK), zum anderen hat sich aus einem offenen Forum eine eingeschweißte Communty gebildet, die mich alle unterstützten.
Als ich anfing im Freundeskreis etwas offener mit meinem Kinderwunsch umzugehen, bekam ich nur positives Feedback. Die Meisten wussten, dass ich schon immer Kinder wollte.
Der richtige Spender
Ich hatte endlich einen sehr zuverlässigen Spender gefunden mit dem ich schon einige Versuche hatte. Wir planten wie es weitergehen sollte und er war zwei Monate wegen seiner Arbeit sehr eingeschränkt. Ich habe dann auf gut Glück nach einem Ersatz gesucht und über die Onlineplattform wunschkind4you einen netten Kontakt aufgebaut. Wir wollten uns seiner Nähe treffen, ich buchte ein Hotel, fuhr dort hin und traf ihn auch das erste Mal dort. Er war mir auf Anhieb sympathisch. Ich gab ihm einen Becher, er verschwand im Bad, gab mir dann den Becher und ging wieder. Mit einer Spritze zog ich das Sperma auf und führte es mir ein. Dann hieß es warten und hoffen.
Hoffen auf eine Schwangerschaft
Auf Symptome gab ich dchon lange nichts mehr, denn ich hatte so viele Symptome gehabt und war nie schwanger und trotzdem war da wieder diese Minifunke, dass es geklappt haben könnte. Ich war mir sogar sehr sicher, aber gab nichts darauf. Und dann war er da, der Tag an dem ich testen konnte im Februar 2018 und der Test war wirklich positiv. Das war das Ergebnis auf das ich all die Jahre gewartet hatte und nun war es wirklich da. Dieses Gefühl war und ist unbeschreiblich, der größte Wunsch ging wirklich in Erfüllung. Es fühlte sich alles so richtig an.
Wenn ich so darüber nachdenke, ist es immer noch unglaublich, dass es nach fast drei Jahren Kinderwunschzeit und etlichen Versuchen im 22. Zyklus wirklich funktionierte und dann noch beim ersten Versuch mit diesem Spender.
Entspannt, hoffend, zuversichtlich
Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben und irgendwie wusste ich, dass es klappen würde, wenn es soweit sein würde. Ich kann nicht sagen woher diese Gewissheit kam, aber sie hat mich immer wieder durch die schweren Zeiten begleitet. Es war genau der richtige Zeitpunkt an dem es geklappt hat, ich stand fest im Leben, wusste was ich wollte und war gefestigt, war offen mit meinem Wunsch nach einem Kind umgegangen und zufrieden mit meinem Leben. Das Baby war praktisch noch das Sahnehäubchen.
Die engsten Freunde und Familie erfuhren es praktisch sofort. Ich hatte keine Angst, dass Baby zu verlieren, ich wusste es würde bleiben. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte ich einen Mädchennamen und ahnte (und hoffte) dass es auch ein Mädchen werden würde.
Mein größter Wunsch: eine Hebamme und die Geburt im Geburtshaus
Noch bevor ich beim Frauenarzt anrief, suchte ich mir eine Hebamme. In der gleichen Woche schrieb ich eine Mail ans Geburtshaus, da ich unbedingt dort entbinden wollte.
Ich habe in der Krippe gearbeitet und muss sagen, ich hoffte auf ein Beschäftigungsverbot, welches ich nicht bekam. Ich kämpfte für eine Krankschreibung, die ich dann auch bekam. Es war mir wichtig, dass ich mich und das kleine Würmchen schonen konnte und das Leben in unserem Tempo weiterging. Ich hatte mit Übelkeit bis zur 16. Woche zu kämpfen und so manches Mal wünschte ich mir, ich müsse mich übergeben und es wäre dann weg.
Sobald die Übelkeit weg war, hatte ich eine richtig tolle Schwangerschaft, die ich total genießen konnte. Ich schlief viel, ruhte mich viel aus. Die Hitze machte mir schon etwas zu schaffen und so ging ich dann eher gegen Abend raus. Die Bindung zu meinem Baby war die ganze Zeit da und wurde immer enger. Es schlief nachts wenn ich schlief und war auch sonst ein sehr zufriedenes Baby.
It’s a girl!
In der 26. Woche bekam ich dann das definitive Outing, dass es ein Mädchen wird. Nach dem dritten Ultraschall beim Frauenarzt machte ich alle Vorsorgeuntersuchungen im Geburtshaus, indem auch die Entbindung statt finden sollte. Es stand für mich außer Frage wo anders mein Baby zu bekommen. Krankenhäuser mochte ich noch nie und sobald ich die betrete, bekomme ich ein beklemmendes Gefühl (keine Frage, es ist gut und richtig, dass es die gibt, aber einge Schwangerschaft, die problemlos verläuft, gehört für mich nicht dorthin). Im Geburtshaus fühlte ich mich wohl, gut aufgehoben und super betreut. Ich lernte die Hebammen alle vorab kenne, die auch eventuell bei der Geburt dabei sein könnten. Die Fahrt dort hin dauerte zwar etwa eine Stunde, aber auch da war ich mir sicher, dass wir das rechtzeitig schaffen würden.
Nie alleine – die Familie an meiner Seite
Die Zeit verstrich wie im Flug, ich fühlte mich so wohl in meinem Körper und war sehr gerne schwanger. Meine Schwester und/oder meine Mutter sollten mich zur Geburt begleiten.
Dann war der Geburtsmonat da und die Aufregung stieg. Nach zwei Fehlalarmen (und ich dachte wirklich es würde losgehen) hatte ich noch einige Tage Ruhe.
Es geht los! Das Baby kommt mit einem Peng!
Natürlich ging es dann los, als meine Mutter entschiede hatte, nach Hause zu fahren, aber meine Schwester und mein Neffe (2 Jahre, 8 Monate) schliefen bei mir. Es war Freitag, 26. Oktober etwa 0 Uhr 30 und die Fruchtblase platzte im Bett. Meine Schwester hörte mein Rufen nicht, cih also aufgestanden erstmal ein Handtuch geholt und sie dann geweckt. Wir waren beide noch recht entspannt. Ich zog mich um, meine Schwester bezog das Bett neu. Dann überlegten wir was wir weitermachen sollten…erstmal Tee trinken.
Soweit kamen wir dann gar nicht mehr, die Wehen setzten urplötzlich ein und da wusste ich auch, so fühlen sich also echte richtige Geburtswehen an. Meine Schwester also erstmal die Hebamme angerufen, die Dienst hatte, dann meine Mutter angerufen, Auto gepackt und meinen Neffen geweckt. Ich habe nebenher meine Wehen veratmet, in den Pausen ging es mir super und ich habe fröhlich geredet. Die Fahrt ging sehr schnell rum, mein Neffe hat mich prächtig unterhalten.
Die Geburt im Geburtshaus
Um halb 3 waren wir inm Geburtshaus, die Hebamme war schon da, hatte überall gedimmtes Licht an, die Wanne war schon halbvoll. Ich musste mich erstmal umziehen, da das Fruchtwasser die ganze Zeit weiter lief. Ich wollte ganz dringend ins Wasser und sobald ich im warmen Wasser lag, konnte ich mich entspannen. Meine Schwester saß neben mir, mein Neffe lief herum oder saß auch daneben und war sehr interessiert. Es war etwas ganz Besonderes. Um halb 4 traf meine Mutter ein und mein Neffe konnte im Nebenzimmer schlafen.
Ich wollte unbedingt nochmal aus der Wanne raus, hatte das Gefühl das wäre nun genau richtig, aber die Schmerzen waren kaum auszuhalten. Ich spürte die Wehen hauptsächlich im unteren Rücken und war unendlich froh wieder im Wasser zu sein. Meine Schwester kam wieder dazu, der Muttermund war irgendwann ganz geöffnet und ich hatte das Gefühl mitpressen zu müssen. Mittlerweile war auch die zweite Hebamme eingetroffen Meine Schwester war mit mir in der Wanne. Es war ein so unbeschreibliches Gefühl zu spüren, dass das Baby nun wirklich kommen würde. Ich konnte ihren Kopf fühlen. Es dauerte gefühlt ewig bis der Kopf geboren wurde, dann ging es kurz hektisch zu, was ich aber nicht wirklich mitbekam und dann lag sie da im Wasser und ich habe sie hochgenommen und mir auf die Brust gelegt.
(Ich erfuhr später, dass die Nabelschnur nur 30 cm kurz war und um den Hals gewickelt war und die Kleine Probleme hatte rauszukommen, da haben die Hebammen eingreifen müssen)
Lotta war da, sie weinte nicht, sondern schaute nur umher, sie war leicht bläulich, aber ich machte mir überhaupt keine Sorgen. In den Gesprächen vorab wurde mir immer wieder gesagt, dass einige Babys nicht weinen und ich mir deswegen keine Sorgen machen bröuchte, sie hätten das immer im Blick und nach kurzer Zeit meldete sich meine Tochter auch. Sie kam um 6 Uhr 34.
Komplikationen nach der Geburt
Nach einiger Zeit sind wir dann ins Bett zum weiterkuscheln und ein erstes Anlegen, erst nach über einer Stunde wurde die U1 gemacht und Lotta angezogen. Ich hatte leider die ganze Zeit Kreislaufprobleme und konnte auch nicht auf die Toilette gehen. Als ich dann einen Kreislaukollaps hatte (gegen 11 Uhr 30) musste ich mit dem Krankenwagen verlegt werden. Meine Mutter war die ganze Zeit bei mir und konnte sich auch um Lotta kümmern. Ich bekam zuerst einen Oxytocin-Tropf und wurde später nochmal untersucht um dann festzustellen, dass ich operiert werden müsse. Eine Ausschabung sei notwendig und innerlich bin ich wohl gerissen, das musste genäht werden (dies war wohl auch der Grund für meine Kreislaufprobleme, da es blutetet. Es lag aber hinter einem Hämatom und konnte deswegen im Geburtshaus auch nicht gesehen werden). Leider waren die Ärzte im Krankenhaus richtig unfreundlich und ich bekam zu spüren, dass sie die Geburt im Geburtshaus nicht gut fanden. Ich entließ mich am nächsten Abend selber und war nur froh heim zukommen.
Fazit
Die Geburt war wirklich wunderschön und wenn ich jetzt im Nachhinhein darüber nachdenke, war sie genau so wie ich es wollte…im Wasser, mit den wichtigsten Menschen, relativ kurz und selbstbestimmt. Der teil mit dem Krankenhaus war unschön, aber ich kann ihn so annehmen und stehen lassen (ich habe es aber auch mit einer Therapeutin aufgearbeitet)
Meine Tochter machte es mir von Anfang an sehr leicht, sie war sehr zufrieden und schlief viel. Die ersten zwei Wochen war Tag und Nacht jemand von meiner Familie da um mich zu unterstützen. Ich hatte viel Blut verloren und war sehr schwach. Dann hatte ich zwei Wochen noch eine Haushaltshilfe und ich habe mich wirklich ans Wochenbett gehalten. Das war das Beste überhaupt, ich lag wirklich nur im Bett, habe geschlafen, gestillt und gekuschelt und war so unglaublich glücklich und dankbar für diesen kleinen Menschen, dass ich auch jetzt noch regelmäßig in Tränen ausbrechen kann.
Mein größter Wunsch – mein Kind
Mittlerweile geht es mir wieder richtig gut, auch körperlich. Lotta ist mein größtes Glück und ich habe das Gefühl die Bestimmung in meinem Leben gefunden zu haben. Ich fühle mich komplett und Lotta bringt so viel Freude in unsere Familie und ich kann sagen, es ist das tollste Gefühl, wenn man weiß, dass sich der sehnlichste Wunsch erfüllt hat.
Wir sind ein super Team bisher, ich habe es mir sehr viel anstrengender vorgestellt. Sie braucht viel Nähe, aber ich genieße es ihr diese zu geben, sei es sie im Tuch zu tragen oder Nachts ganz eng an mich gekuschelt zu schlafen. Ja ich komme nicht mehr zu allem und laufe vielleicht zu lange ungeduscht herum, vielleicht ist die Wohnung manchmal zu dreckig, aber mein Kind ist das Wichtigste und geht über alles. Es fühlt sich perfekt an und als wäre Lotta schon immer ein Teil von mir. Ich weiß jetzt auchw arum es so lange gedauert hat bis ich schwanger wurde, diese kleine Seele von Mensch musste mich erst finden.
Kommentar
Wow, das klingt wunderschön !
Und wie gut, dass du (oder sie, die gadtbeitragautorin) so lange durchgehalten hast und dich nicht hast entmutigen lassen.
Und so viel Unterstützung und so eine Nähe aus der ursprungsfamilie …toll und wunderschön…
alles gute !